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LLLL

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Die Elenden von Łódź

11
Sep
2009

frédéric chopin

während eines mallorcaaufenthaltes 1838/39 entstanden manche seiner préludes.
er hatte sich mit seiner lebensgefährtin george sand und deren zwei kinder für kurze zeit dorthin zurückgezogen, mit der hoffnung, von seiner tuberkulose zu genesen. durch ungewöhnlich schlechtes wetter, nässe und kälte, sah er sich gezwungen im haus zu bleiben, für ihn sicherlich ein gefängnisaufenthalt. george sand war nicht immer im haus und während er ( wieder einmal ) auf sie wartete, tropfte der regen vor seinem fenster ständig monoton von der dachrinne herab. aus diesem „hörerlebnis/akkustischer qual“ ist anscheindend die inspiration der regentropfen préludes entstanden.
diese hatte er auf mallorca komponiert.


eine poetische biographie aus:

gottfried benn
statische gedichte

Chopin

Nicht sehr ergiebig im Gespräch,
Ansichten waren nicht seine Stärke,
Ansichten reden drum herum,
wenn Delacroix Theorien entwickelte,
wurde er unruhig, er seinerseits konnte
die Notturnos nicht begründen.

Schwacher Liebhaber;
Schatten in Nohant,
wo Georde Sands Kinder
keine erzieherischen Ratschläge
von ihm annahmen.

Brustkrank in jeder Form
mit Blutungen und Narbenbildung,
die sich lange hinzieht;
stiller Tod
im gegensatz zu einem
mit Schmerzparoxysmen
oder durch Gewehrsalven:
man rückte den Flügel ( Erard ) an die Tür
und Delphine Potocka
sang ihm in der letzten Stunde
ein Veilchenlied.

Nach England reiste er mit drei Flügeln:
Pleyel, Erard, Broadwood,
spielte für 20 Guineen abends
eine Viertelstunde
bei Rothschilds, Wellingtons, im Strafford House
und vor zahllosen Hosenbändern;
verdunkelt von Müdigkeit und Todesnähe
kehrte er heim
auf den Square d'Orléans.
Dann verbrennt er seine Skizzen
und Manuskripte,
nur Restbestände, Fragmente, Notizen,
diese verräterischen Einblicke - ,
sagte zum Schluß:
„ meine Versuche sind nach Maßgabe dessen vollendet,
was mir zu erreichen möglich war.“

Spielen sollte jeder Finger
mit der seinem Bau entsprechenden Kraft,
der vierte ist der schwächste
( nur siamesisch zum Mittelfinger).
Wenn er begann, lagen sie
auf e, fis, gis, h, c.

Wer je bestimmte Präludien
von ihm hörte,
sei es in Landhäusern oder
in einem Höhengelände
oder aus offenen Terrassentüren
beispielsweise aus einem Sanatorium,
wird es schwer vergessen.

Nie eine Oper komponiert,
keine Symphonie,
nur diese tragischen Progressionen
aus artistischer Überzeugung
und mit einer kleinen Hand.

josef winklers wimper

„ich reiß mir eine wimper aus und stech dich damit tot“ von josef winkler war als einstieg in die winkler-literatur ein dicker brocken für mich. verdauungszeit: geschätztes halbes jahr oder mehr, mal sehen.
neugierig gemacht hatte j.winkler mich nach seiner diesjährigen bachmannpreisrede sowie der kurz darauf veröffentlichte „offene brief an finanzminister josef pröll“ ( bundesfinanzminister von österreich und vizekanzler).
im klappentext las ich von poetologischen reportagen, reiseberichten zur heimatlosigkeit, vom näherrücken von todesfall zu todesfall.
aber das es so viele todesfälle werden, damit hatte ich nicht gerechnet.
winklers wiedergabe seiner beobachtungen, eingeschobenen zitaten ( im klappentext steht: „eingeschobene zitate als intarsien“) (solche bilder schätze ich) sind präzise, passen zum Inhalt der reportagen. er seziert peinlichst/unangenehmst genau dabei seine beobachtungen oder die im kopf wieder aufgerufenen erzählungen aus seinen kindertagen, so z.b. auf seite 34-36, der suicid des fünfzehnjährigen mädchens. oder der tödliche unfall des buben vom ignaz deweis, seite 40-41. oder der tod der uniformierten polizisten bei der rettung eines schwerverletzten, seite 46-47. oder die zurückgezogene hand aus der wasserleiche, während die andere das vanille-und schokoladeneis der erika pluhar und heidelinde weiss hielt ( seite 78 ). in jedem neuen kapitel tote.

in der mitte seiner erzählungen fügt j.winkler die geschichte des mexikanischen zuckertotenkopfes ein. ( was ist jetzt nun ein zuckertotenkopf? fragte ich mich).
andere länder, andere sitten. ich zitiere aus: http://www.tagesschau.de/ausland/friedhof2.html
dort wird auch beschrieben, was ein zuckertotenkopf ist:
„zum tag der toten aber kommen die verstorbenen zurück zu ihren familien. und dann wollen sie keine langen, grauen, verheulten gesichter sehen, sondern sie wollen eine fiesta mexicana auf ihren gräbern.
und die bekommen sie auch. mit allem, was dazu gehört: tequila und zigaretten liegen bereit, die lieblingsspeisen und süßigkeiten, vielleicht seine gitarre, sein lieblingsessen, fotos, kerzen und – ganz wichtig- ein zusätzlicher teller. der ist für die verstorbenen, die keine verwandten mehr unter den lebenden haben.“
der erste und der zweite november ist „der tag der toten“ in mexiko ( „der tod muß nicht nur traurig sein“, sagen die mexikaner). so einen tag hätte ich hier auch gerne!

beim lesen ensteht bei mir öfters der eindruck, dass winkler „überläuft“ im erzählen. er kommt vom hundersten ins tausendste. seine endlossätze, z.b. seite 69 -73, das erinnert mich stark an die erzählweise von imre kertész, kaddisch für ein ungeborenes kind. in einem atemzug werden gedanken wiedergegeben, die sozusagen am nordkap anfangen, über europa nach afrika führen, um über asien wieder ans nordkap zu gelangen. das muss man mögen, ansonsten erliegt man diesem erzählstrang.

das leben kommt bei winkler zum glück nicht zu kurz, da ist seine frau und da sind seine zwei kinder, er reist viel, liest viel, schreibt viel ( „wirklich, ich lebe nur, wenn ich schreibe“, zitat annemarie schwarzenbach, seite 17).
seine eltern leben lange, auch der ignaz deweis ( 97 jahre, seite 37).

josef winklers poetologische reportagen sowie seine reisebrichte zur heimatlosigkeit, seine häufigen Wort-/Satzwiederholungen, die todesfälle, die masse an informationen, zum ersten mal gelesen, ( vor allem auch die zitate sehr bekannter Autoren, die ich in meinem o.a. gedankengang völlig aussen vor gelassen habe. ), muten teilweise düster an. liegen schwer im verdauungstrakt.
aber: bei genauerem hinschauen und lesen eröffnet sich für mich ein neuer, ein anderer blickwinkel zum leben und tod ( siehe u.a mexiko). 125 seiten können sehr lang sein. es gibt noch reichlich zu ernten.
jbs
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lou salome

"Vielleicht war vor den Lippen schon das Flüstern da und ohne Bäume tanzte schon das Laub."Ossip Emiljewitsch Mandelstam

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Zuletzt aktualisiert: 26. Mai, 22:16

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