Hermann Hesse Literaturpreis 2009 für "Privatstunden"
Alain Claude Sulzer komponiert eine melancholische Liebesgeschichte, die er in der Schweiz ansiedelt.
Protagonist ist der geflohene tschechische Medizinstudent, Leo Heger, Anfang 20, ein emfindsamer, intellektueller junger Mann.
Martha Dubach, Schweizerin aus dem gehobenen Bürgertum, Mitte dreißig, verheiratet, zwei Kinder, wird seine Deutschlehrerin. Martha Dubach sowie Leo Heger sind beide auf ihre Weise sehr einsam und mit der Zeit entsteht eine Nähe zwischen ihnen, der sie sich nicht mehr entziehen können. Sie lassen sich auf eine heimliche zärtliche Liebesaffäre ein, die ihr Ende findet, als Leo sich entschließt, nach Amerika auszureisen.
Parallel dazu taucht Olga mit ihrem Hund Mazko auf. Olga ist Leos Großmutter, die alleine ausserhalb ihres tschechischen Heimatdorfes in einem verfallenem Haus wohnt. Für ihre weit entfernten Nachbarn ist sie eine verschrobene Alte, die allerdings im Einklang mit ihrem Hund und ihren Hühnern lebt. Ein Schlüsselerlebnis treibt sie zu einer endgültigen furchtbaren Entscheidung.
In einem weiteren Erzählstrang taucht der Vater von Martha Dubach auf. Ein kranker alter Mann, der nicht mehr spricht, am Leben kaum teilnimmt und seit eineinhalb Jahren in einer Klinik lebt. Er wird im späteren Verlauf der dramatischen Erzählung ein wichtiger Zuhörer für Andreas, dem sechzehnjährigen Sohn von Martha Dubach, und von Martha selbst.
Privatstunden ist ein eindringliches Seelendrama, bei dem mich besonders Olgas Schicksal sehr nachdenklich gemacht hat, obwohl sie nicht den Mittelpunkt der Erzählung bildet.
Durch die verschiedenen Erzählstränge und die verschiedenen parallel erzählten Zeiten wirkt der Roman lebendig und sehr persönlich.
Der Autor faszinierte mich, wie er mit leiser Stimme tiefe Gefühle ausdrückt, u.a. (Zitat) S.166:
„ Die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr vergingen wie Wochen, die Stunden wie Tage, und in keiner der qualvoll gedehnten Minuten fühlte Martha sich frei genug, Leo und die winterliche Nacht zu vergessen, in der er sie umarmt und geküßt hatte, als wäre sie nicht sie selbst. Er hatte sie umarmt und geküßt, auf die Stirn, auf die Wangen, auf die Lippen, sogar auf die Ohren, und er hatte so eindringlich auf sie eingeredet, daß die Wörter nun wie Widerhaken an ihr hafteten, an ihrem Körper und in ihrem Kopf, eigentlich waren es nicht Wörter, sondern jene Vokale und Konsonanten, mit denen sie gebildet worden waren, denn, die meisten dieser Wörter hatte sie doch gar nicht verstanden. Über seinen Zärtlichkeiten, die nicht ohne Heftigkeit gewesen waren, war ihm die neue Sprache, ihre Sprache, zum größten Teil entfallen, und so hatte er sich der alten, seiner eigenen Sprache bedient, um auszudrücken, was ihm auf dem Herzen lag, und sie hatte es nicht für angebracht gehalten, ihn zu belehren, nicht in dieser Situation.
Sie fragte sich im nachhinein, ob sie selbst überhaupt gesprochen hatte, sie erinnerte sich nicht. Sie hatte, was geschah, mit dem Wohlbehagen einer Katze über sich ergehen lassen, die nach langer Abwesenheit von ihrem Herrn gestreichelt wird, ein Gefühl, das ihr neu war, und so durchlebte sie es auch weiterhin, immer wieder, tagsüber und nachts, durchlebte es, obwohl Leo nicht da war, und spürte immer noch und immer wieder, wie er sie berührte und mit ihr sprach.“
Protagonist ist der geflohene tschechische Medizinstudent, Leo Heger, Anfang 20, ein emfindsamer, intellektueller junger Mann.
Martha Dubach, Schweizerin aus dem gehobenen Bürgertum, Mitte dreißig, verheiratet, zwei Kinder, wird seine Deutschlehrerin. Martha Dubach sowie Leo Heger sind beide auf ihre Weise sehr einsam und mit der Zeit entsteht eine Nähe zwischen ihnen, der sie sich nicht mehr entziehen können. Sie lassen sich auf eine heimliche zärtliche Liebesaffäre ein, die ihr Ende findet, als Leo sich entschließt, nach Amerika auszureisen.
Parallel dazu taucht Olga mit ihrem Hund Mazko auf. Olga ist Leos Großmutter, die alleine ausserhalb ihres tschechischen Heimatdorfes in einem verfallenem Haus wohnt. Für ihre weit entfernten Nachbarn ist sie eine verschrobene Alte, die allerdings im Einklang mit ihrem Hund und ihren Hühnern lebt. Ein Schlüsselerlebnis treibt sie zu einer endgültigen furchtbaren Entscheidung.
In einem weiteren Erzählstrang taucht der Vater von Martha Dubach auf. Ein kranker alter Mann, der nicht mehr spricht, am Leben kaum teilnimmt und seit eineinhalb Jahren in einer Klinik lebt. Er wird im späteren Verlauf der dramatischen Erzählung ein wichtiger Zuhörer für Andreas, dem sechzehnjährigen Sohn von Martha Dubach, und von Martha selbst.
Privatstunden ist ein eindringliches Seelendrama, bei dem mich besonders Olgas Schicksal sehr nachdenklich gemacht hat, obwohl sie nicht den Mittelpunkt der Erzählung bildet.
Durch die verschiedenen Erzählstränge und die verschiedenen parallel erzählten Zeiten wirkt der Roman lebendig und sehr persönlich.
Der Autor faszinierte mich, wie er mit leiser Stimme tiefe Gefühle ausdrückt, u.a. (Zitat) S.166:
„ Die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr vergingen wie Wochen, die Stunden wie Tage, und in keiner der qualvoll gedehnten Minuten fühlte Martha sich frei genug, Leo und die winterliche Nacht zu vergessen, in der er sie umarmt und geküßt hatte, als wäre sie nicht sie selbst. Er hatte sie umarmt und geküßt, auf die Stirn, auf die Wangen, auf die Lippen, sogar auf die Ohren, und er hatte so eindringlich auf sie eingeredet, daß die Wörter nun wie Widerhaken an ihr hafteten, an ihrem Körper und in ihrem Kopf, eigentlich waren es nicht Wörter, sondern jene Vokale und Konsonanten, mit denen sie gebildet worden waren, denn, die meisten dieser Wörter hatte sie doch gar nicht verstanden. Über seinen Zärtlichkeiten, die nicht ohne Heftigkeit gewesen waren, war ihm die neue Sprache, ihre Sprache, zum größten Teil entfallen, und so hatte er sich der alten, seiner eigenen Sprache bedient, um auszudrücken, was ihm auf dem Herzen lag, und sie hatte es nicht für angebracht gehalten, ihn zu belehren, nicht in dieser Situation.
Sie fragte sich im nachhinein, ob sie selbst überhaupt gesprochen hatte, sie erinnerte sich nicht. Sie hatte, was geschah, mit dem Wohlbehagen einer Katze über sich ergehen lassen, die nach langer Abwesenheit von ihrem Herrn gestreichelt wird, ein Gefühl, das ihr neu war, und so durchlebte sie es auch weiterhin, immer wieder, tagsüber und nachts, durchlebte es, obwohl Leo nicht da war, und spürte immer noch und immer wieder, wie er sie berührte und mit ihr sprach.“
lou-salome - 23. Okt, 01:06