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11
Sep
2012

Imre Török, der Logopoioi

Korsika-1-151
jbs

geist der reispflanze
ein akrobat der lüfte
schickt träume ins land

Imre Török, der Logopoioi

Imre Török, der Logopoioi. Ein neuzeitlicher Äsop, ein Geschichtenerzähler, der als Muttersprache die Poesie gewählt hat.
In seinem Buch „Das Buch Luzius“ spürt man seine Freude am Erzählen, am Darstellen wichtiger gesellschaftlicher Begebenheiten in Form eines alten Schatzes: der Fabel.

Hauptsache ist und bleibt bei der Fabel Volkstümlichkeit. Das notwendige Handwerkszeug dazu ist eine einfache und klare Sprache, ein frischer Plauderton, Anschaulichkeit und nicht zuletzt ein kräftiger Schuss von Humor und Schalkhaftigkeit.
Mit diesen Utensilien sowie einer gehörigen Prise Lebenskenntnis ausgerüstet, konstruiert Imre Török mit der Welt der Insekten und seiner Kunstfigur „Leuchtkäfer Luzius“ 15 Köstlichkeiten, denen das Kunstmärchen „Die Prinzessin und der Nomade“ vorausgeht.

Die Fabeln des Török streifen mit Luzius durch moderne Zeiten, beziehen sich auf den sozialen Wandel und darauf, menschliche Existenz zu deuten und zu verstehen.
Insbesondere der philosophische Gedanke: Hat das Leben einen Sinn? ist in dem 187 Seiten starken Buch verankert.

Der Huf eines blöden Kamels

Ziemlich zu Anfang des zweiten Teils: „… und andere Wahrheiten“ begegnet Luzius in der Wüste einem Skarabäus. Naserümpfend beobachtet der kleine vorwitzige Leuchtkäfer, wie der Skarabäus ununterbrochen Kotkügelchen vor sich her rollt:

„ „Eines kapier ich nicht. Diese ganze Masse von Skarabäen im Sand ist Tag für Tag damit beschäftigt, Kügelchen voll Scheiße vor sich her zu rollen. Ihr habt ja nicht einmal einen eigenen Namen, wenn jeder Skarabäus heißt. Und trotzdem glaubt ihr, dass ihr Heilige seid, die Glück bringen und die Wiedergeburt ermöglichen. Ist die Werdung neuen Lichts und die Glückseligkeit nicht viel eher auf der höchsten Spitze zu empfangen?“

Skarabäus machte eine Pause beim Drehen seiner stinkenden Kotkugel. Dann setzte er, ohne Spur von Beleidigtsein in der Stimme, zu einem längeren Monolog an.

„Glühwürmchen, Glühwürmchen, schimmre, schi-im-Re! Du bist ein leuchtendes Wesen, Luzius. Wie wir alle. Wann endlich ergreifst du von der Zukunft einen Zipfel? Du und wir und alle begreifen das Kommende doch kaum. Wohl hast du recht, dass die Menge hier unten viel Dreck bewegen und fressen muss. Es scheint, dass die Masse für die ferne Zukunft am wenigsten empfänglich ist. Wie sollte sie auch, wenn doch alle sich ständig in unzählige Richtungen verzetteln. Dadurch werden die Strahlen der Künftigkeit in tausend Himmelsrichtungen reflektiert. Vielleicht wird mancher an der Spitze die Morgenröte eher erblicken und gebündelt reflektieren.
Doch bedenke, meine goldiges Käferchen, wie du in deine Position gelangt bist. Wir, die Heerschar heiliger Skarabäen, haben die Pyramiden errichtet. Kein einzelnes Wesen kann die Warte künftiger Werte bauen. Dem Einzelnen dient eine Pyramide letztlich nur als Grab.
Wir drehen unsere Runden im Dreck weiter. Will ein Leuchtkäfer die Himmelsleiter erklimmen, sollte er Schweiß und Fäkalien am Fuße der Pyramide nicht außer Acht lassen. Ist nicht jeder winzige Globus aus Kot, den wir am Drehen halten, ein Nährboden? Einzig daraus wird Neues das Licht der Welt erblicken. Und ist ein Erleuchteter nicht in einem dreckigen Stall im Gestank von Urin und Kot zur Welt gekommen?“

Der Huf eines blöden Kamels begrub in diesem Augenblick Skarabäus im Sand. ..“


Nicht nur dieser mit Metaphern gespickte Monolog regt meine „Homo-sapiens-Synapsen“ zum Flug an. Töröks Schuss Humor beschwipst meine Gedanken.
„schi-im-Re“: Re, der ägyptische Sonnengott;
im-Re = Imre Török;
schi = Qi: Energie, Atem, Leben.
Vielleicht von mir überbedeutet, aber so oder so, geniale Silbenspielerei!

Nun muss man mit den nächsten Kapiteln aufpassen. Jeder neue Ausflug in eine andere Insektenwelt, z.B. in die Welt der Spinnen und ihr „allseits verlockender Handel im Netz,“ macht Lust aufs weiter lesen, dabei sollte man eine Köstlichkeit nach der anderen genießen und nicht verschlingen. Was allerdings nicht einfach ist. Die Seiten sind mit Metaphern gefüllt, wie Trüffelpralinen mit süßester Füllung.

Fire together, wire together

„Spinnen, so wusste er (Luzius), leben nach dem Motto des dreifachen Ws. Das aus dem weltumspannenden Internet bekannte www Punkt stand im Leben der Spinnen als Abkürzung für weltweites Warten.
Warten, warten, immer nur warten im Netz, dass ein surf-lüsternes Insekt online geht, damit man es mit Viren verseuchen und zum Aussaugen downloaden kann. Warten, nur warten, immerzu warten, dass man gesättigt wird, sobald jemand unvorsichtig ins Netz gegangen ist.
Da weben und stricken und knüpfen unzählige Spinnen ihre Fäden und umgarnen die ganze Welt. Segeln durch die sieben digitalen Weltmeere mit flatternder Piratenflagge. Wen kümmert es schon, dass auch die wunderbarste Vernetzung keinen Funken Erleuchtung bringt und schlussendlich nichts zum Beißen bietet. … „


Luzius verstrickt sich in den Spinnennetzen, kann sich zum Glück retten, nutzt die Atempause zum Auftanken und Träumen. Seine Geliebte Coccinella hilft ihm dabei . Am nächsten Tag stürzt er sich, neugierig, mit neuem Elan, in eine sehr dunkle Welt. Ein Besuch bei den A-SS-eln vernichtet fast seinen Glauben an das Gute in der Welt. Seiner blühenden Phantasie verdankt er die rettende Idee, dem Mauer-a-SS-elführer mit der Erklärung „Alles ist verkehrt. Alles ist aber alles.“ anzustacheln, durcheinander zu bringen. Dieses gelingt ihm auch bei der Rasselbande der Kellerasseln, der gegnerische Feind der Mauera-SS-eln ( anfangs verwirrender Doppelkonsonanteneinsatz, der im Laufe des Textes Wirkung zeigt!).
Kurz vor seinem Abflug aus dieser Welt , „sah Luzius auch Asseln, die verstohlen martialisch grimmig dreinschauten. Und er ahnte, diese Zeitgenossen würden irgendwann erneut mit dem alten ewigen Stunk beginnen.“

Obige Aussage weckt Erinnerungen an Nagib Machfus Roman „ Die Kinder unseres Viertels“. Nach längerer Zeit des Friedens kehrt wellenartig Aufruhr und Unterdrückung zurück. Die Frankfurter Rundschau schrieb dazu: „Die Parabel von der ewigen Spirale der Gewalt, vom Segen der Demokratie und vom Fluch des Vergessens ...“

Reisender im Mondlicht

Es dürfte im Wesen des Herrn Török liegen, der Reisende im Mondlicht, dass er beim bloßen Ausdruck seiner Erzählfreude nicht stehen bleibt, sondern seine Darstellung zum Sinn des Lebens in obiger Form zum Ausdruck bringt.
Luzius gehört schon jetzt zu meinen Büchern, die wegen zu häufigen lese(ns) Esel(s)ohren besitzen. In diesem Fall mit großer Freude!

„Asellus ist ein berühmter lateinischer Name und bedeutet Eselchen.“
Beschreibung des Unterführers der RaSSelbande. Sprach-und Wortjongleur Török! Mit einer besonderen Form des Anagramms, dem Palindrom, verspottet er braunes Gedankengut und trägt ein Stück weit die schwere Last der jüngeren Geschichte.

Fabula docet!
( Die Fabel belehrt!)

jbs

Die obig langen zitierten Textstellen aus dem Buch „ Das Buch Luzius“ sind mit freundlicher Genehmigung des Schriftstellers Imre Török veröffentlicht.


Auszug einer Török-Lesung, Ludwigsburg 2012
http://www.youtube.com/watch?v=v5LO3NQuicM


„Das Buch Luzius“ von Imre Török
http://wp.pop-verlag.com/?tag=imre-toeroek

Logopoioi
http://translate.google.de/translate?hl=de&sl=en&u=http://en.wikipedia.org/wiki/Logographer_(history)&prev=/search%3Fq%3Dlogopoioi%26hl%3Dde%26biw%3D1366%26bih%3D643%26prmd%3Dimvns&sa=X&ei=bOtOUM_qM6_R4QSSrIHQCQ&sqi=2&ved=0CCUQ7gEwAA

Äsop

http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%84sop

fire together, wire together
http://www.diss.fu-berlin.de/diss/servlets/MCRFileNodeServlet/FUDISS_derivate_000000006492/Marsch_Metaphern.pdf
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lou salome

"Vielleicht war vor den Lippen schon das Flüstern da und ohne Bäume tanzte schon das Laub."Ossip Emiljewitsch Mandelstam

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Zuletzt aktualisiert: 26. Mai, 22:16

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